NUMMER 10

     

ALTE DÖRFER VOR DEN TOREN VON ROM

Silvia Santi

 

 

Nur 40 Minuten von Rom entfernt heben sich in einer Höhe von 800 m ü.d.M. alte Dörfer wie Rocca Massima und andere mit ihren engen Straßen, kleinen Plätzen mit atemberaubenden Ausblicken und kleinen Gassen mit Blumen und Brunnen gegen den Himmel ab. Die erste menschliche Ansiedlung war wahrscheinlich eine Siedlung der Volsker, die zur Verteidigung und Beobachtung diente, und die später während der Zeit der ersten römischen Expansion auch weiterhin als Castrum diente. Unter den Historikern entwickelte Nibby die These, dass das heutige Rocca Massima der Arx Carventana entspricht, von der Titus Livius in seinem 4. Buch über die Geschichte Roms spricht. Eine dokumentierte Meldung ist hingegen die päpstliche Breve, mit der Innozenz III. am 5. Dezember 1202 seinem Neffen Pietro Annibali den Monte Massimo zu Lehen gab, um dort ein Castrum zur Verteidigung des Gebietes zu errichten. Die Flora ist mit einer beträchtlichen Vielfalt wilder Orchideen und ausgedehnten Kastanienwäldern im Norden, wo die berühmten Maronen produziert werden, typisch für die Umgebung der Lepinischen Berge. Beim Aufstieg auf den Monte Lupone(137 8m) geben jahrhundertealte Buchenwälder den Blick frei auf Panoramaaussichten, die bis zu den Bergen der Abruzzen und zum Wald von Astone reichen, dessen Name auf eine befestigte Stadt zurückzugehen scheint, die sich hier in prähistorischen Zeiten befand.
Rocca Massima ist ein kleines Juwel, das nachts erstrahlt und sich tagsüber mit den Farben der Berge, an die es sich lehnt, und den grünen Tupfern der für diese Region typischen Oliven und Kastanien verschmilzt. Wanderungen durch die Wälder, die das Dorf umgeben, versetzen den Wanderer zurück in die Vergangenheit. Seltsame Begegnungen warten hier: Kühe mit langen Hörnern, herumwandernde Schweine, die sich einem in den Weg stellen, ohne jedoch aufdringlich zu sein, mancher Esel, der auf der Straße, die Rocca Massimo mit Cori verbindet, spazieren geht, sowie Pferde, die für die vorübergehenden Menschen keinerlei Interesse zeigen.
Alte Maultierpfade – mit der Zeit zu Wegen geworden – mit versiegten Brunnen und kleinen Kapellen mit einer Madonnenfigur im Inneren, was an den Film Don Camillo und Peppone erinnert, nur dass der Fluss fehlt, warten auf die Ausdauerndsten. Von einigen Plätzen des Dorfes aus bietet sich ein unglaublicher Blick auf die Pontinische Ebene bis hin zum Meer und zu den anderen Bergen. Am Tage singt die Luft, während sie durch die Zweige der Bäume und die im Dorf herrschende Stille fährt, denn die Bewohner von Rocco Massimo sind keine lauten Menschen. Um die Mittagszeit kann man die Falken hören, die sich in luftiger Höhe Botschaften zurufen, die nur sie verstehen, während sie wie Wachen über der Landschaft kreisen, die kontrollieren, wer die Straße entlangkommt.
An Juniabenden nähern sich ganz langsam und leise kleine Lichter. Es ist ein seltsames Gefühl, sie leisten einem Gesellschaft, jedoch nicht lange: Es sind Glühwürmchen, die vorüberziehen wie diskrete Gäste und einen mit ihrem natürlichen Licht in die Kindheit zurückversetzen. Auch andere nächtliche Begegnungen können stattfinden: mit dem Füchsen, Stachelschweinen, Dachsen und Fledermäusen, die den Bauern, die Hühner oder Geflügel halten, nicht sonderlich sympathisch sind, oder auch Eulen und Kauze.
Beim Abstieg von Rocca Massima verändert sich die Landschaft mit ihren Farben im Laufe der Jahreszeiten: Grün im Frühling, Dunkelgrün und Gelb im Sommer, warme Farben im Herbst und Braun und Weiß im Winter, denn manchmal kann auch ein Hauch von Schnee fallen, um diese uralte Landschaft in einen weißen Schleier zu hüllen.

 
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