Kurz
 

 

 

 
Andere Wege, andere Ansichten:
Zwei Wege, die noch nie jemand ging
 

Zwei bislang absolut unbekannte Routen, eine in Adamello und eine in Brenta, die der Öffentlichkeit zugänglich sind und Pausen bieten, die zum Hören und zur Meditation der Landschaft einladen. Zwei “wilde” Wege auf den Spuren einstiger Wanderer, zwischen 1.600 und 2.300 Metern Höhe, die man mit dem Sinn der Erwartung und der Verwunderung begehen sollte: Ein Gesprächserlebnis mit der Landschaft und mit all dem, was diese zu erzählen hat.

Ein Ausnahmsführer für diese “anderen Ansichten” ist Professor Luigi Lombardi Vallauri, ordentlicher Professor für Rechtsphilosophie in Florenz und Mailand. Er ist Autor zahlreicher historischer, theoretischer, philosophischer und juristischer Studien, in denen er die Prinzipien der allgemeinen Philosophie und der Religionsphilosophie vertieft und hat in diesen Jahren die Grundlagen einer gedachten und methodisch ausgeübten Mystik geschaffen, welche genau im Schnittpunkt zwischen orientalischer Spiritualität und westlicher Wissenschaft liegen. Im Sendekanal von Rai Radiotre führt er Sendungen wie die vor kurzem ausgestrahlte Reihe "Meditare in Occidente (Meditieren im Westen)".

 

 

Interview von Roberta Bonazza

 

 
 

Herr Professor Lombardi Vallari, wie kamen Sie auf diese besondere Form der Kontemplation, die Sie „Meditation der Landschaft“ nennen?

Die kam erst 1979 nach der Gruppe der Fundamentalforschung. Diese fand mit einer Gruppe junger Leute statt, die heute meine Wahlfamilie ist. Gemeinsam haben wir die Tausend Versammlungen bestanden. Alle zwei Jahre, an den geraden Jahreszahlen organisieren wir eine Reise. Diese führt uns fast immer nach Asien, wenn auch nicht unbedingt dorthin. Dabei handelt es sich um Reisen des absoluten Schweigens in großer Höhe, unter einem Zelt und in mindestens 2.500 Metern Höhe. So trat diese kontemplative Dimension in mein Leben ein, ohne dass sie direkt in Bezug zu meiner Arbeitswelt stünde. Es handelt sich vielmehr um zwei parallele Dinge, von denen eines das andere ernährt. Doch haben nicht alle diese Kontaktmöglichkeiten. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, Sendungen im Radio zu machen, die dadurch zum Denkanstoß für die Meditation werden.

Und die Meditation?

Die kam erst 1979 nach der Gruppe der Fundamentalforschung. Diese fand mit einer Gruppe junger Leute statt, die heute meine Wahlfamilie ist. Gemeinsam haben wir die Tausend Versammlungen bestanden. Alle zwei Jahre, an den geraden Jahreszahlen organisieren wir eine Reise. Diese führt uns fast immer nach Asien, wenn auch nicht unbedingt dorthin. Dabei handelt es sich um Reisen des absoluten Schweigens in großer Höhe, unter einem Zelt und in mindestens 2.500 Metern Höhe. So trat diese kontemplative Dimension in mein Leben ein, ohne dass sie direkt in Bezug zu meiner Arbeitswelt stünde. Es handelt sich vielmehr um zwei parallele Dinge, von denen eines das andere ernährt. Doch haben nicht alle diese Kontaktmöglichkeiten. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, Sendungen im Radio zu machen, die dadurch zum Denkanstoß für die Meditation werden.

Weshalb behaupten Sie, dass man auch “im Westen meditieren” sollte?

Ich glaube, dass heute nicht unser Heil, aber zumindest der Ort der sinnvollen Forschung nach Lösungen nicht in den Tälern der jeweiligen Traditionen liegt, sondern auf den Anhöhen und an deren Schnittpunkten. Wenn wir den Westen und den Osten jeweils als großes Tal betrachten, dann geht hervor, dass der sich selbst überlassene Westen das Risiko läuft, der universalen Macdonaldisierung zu unterliegen. Das heißt eine Million McDonalds überall: In Amerika, in Europa, in Afrika, in China und in Indien. Und dieser irrsinnige Konsum von Benzin und Steaks. Der traditionelle und sich selbst überlassene Orient hingegen riskiert, im Aberglauben zu versinken. Mit dem ungebildeten Guru, dem Pseudo-Magier. So denke ich, wäre es sehr interessant, wenn der Westen sämtliche Spiritualitätsaufforderungen des Orients und der Orient die Wissenschaftlichkeitsaufforderungen des Westens akzeptieren würden. Und mein origineller Versuch liegt genau darin, die westliche Wissenschaft in einen Weg der Spiritualität zu verwandeln. Einen Weg der Kontemplation. Das ist das, was ich realisierende Meditation nenne. Eine Mystik der Schnittpunkte, insbesondere des Schnittpunkts zwischen Westen und Osten. Denn meines Erachtens liegt unsere Zukunft dort.

Und die Zukunft der Erde?

Wir müssen unbedingt unseren Kurs ändern, der allgemein Entwicklung genannt wird. Das gleiche gilt für die verfälschenden Adjektive wie zum Beispiel tragbar oder vertretbar. Ich denke, man kann nicht einfach dem Begriff Entwicklung irgendein Adjektiv anhängen, das die nackte Tatsache der Entwicklung zu mildern versucht. Entweder spricht man von Entwicklung und diese ist nicht tragbar, oder etwas ist tragbar, doch kann man dann nicht von Entwicklung sprechen. Insbesondere Benzin und Steaks oder einfacher ausgedrückt, die amerikanischen Idole, die auch wir dem Rest der Welt aufzwingen, sind die Zerstörer der Harmonie der Welt. Würden alle Menschen die gleiche Menge Erdöl und Fleisch verbrauchen wie der Durchschnittsamerikaner oder gleich dahinter, wenn auch mit einem gewissen Abstand, der Durchschnittseuropäer, dann wäre das das Ende der Schönheit unseres Planeten. Gerade der Konsum von Fleisch ist nicht nur unethisch wegen all der Qualen, die den Tieren bis zu ihrem Tod auferlegt werden, sondern absolut unökologisch. Jedes einzelne Steak entspricht Doppelzentnern von anderen Nahrungsmitteln, die die Menschheit ernähren könnten, ohne dabei die Erde zu zerstören. Rinder zu züchten bedeutet, Wälder abzuholzen, diese in Weiden zu verwandeln, wobei die von den Rindern zertrampelten Weiden ausdörren und zu Wüsten werden. Die Chinesen, die mit Tieren fast genauso grausam umgehen wie wir, wechseln von einer aus den berühmten vier taoistischen Getreidesorten bestehenden Essgewohnheit über zu einer aus Fleisch bestehenden Ernährung. Daher bestehe ich darauf: Die Dyade Benzin und Steak ist für unseren Planeten nicht tragbar».

Doch wie kann die westliche Wissenschaft zur Kontemplation führen?

Die Wissenschaft kann beispielsweise eine Eröffnung auf die vier Unendlichkeiten sein. Die unendliche Größe des astronomischen Universums. Das unendliche Kleine der subatomaren Welt. Die unendliche Gesamtheit, beginnend mit der Zelle. Jede einzelne Zelle ist weitaus komplexer als das Universum, sie ist eine pure Kathedrale der Komplexität. Und dann ist da noch das Unendliche der Undarstellbarkeit, das den Übergang von der Materie zum Bewusstsein darstellt. Wir alle verfügen in unseren Hirnschalen über einen Bulbus des Bewusstseins und keiner weiß, weshalb diesem fleischernen Bulbus unser Bewusstsein entspringt. Wir wundern uns nicht über die außergewöhnlichen, sondern nur über die wesentlichen Dinge. Das Projekt der religionslosen Mystik ist ein Projekt des realisierenden Erstaunens über all das, was ist. Wir sind eingetaucht in das Wunderbare. Und wir bewegen uns in diesem Wunderbaren wie Schlafwandler.

 

 

 

 

 

 

Der Termin «Altrisentieri, Altrevisioni (Andere Wege, Andere Ansichten)» gehört in den Rahmen der Sendung «Il Mistero dei Monti (Das Geheimnis der Berge)»

 

 

 

 

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