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Wasser des Lebens
Michel Balivo
Es fällt mir schwer, über den Krieg um das Wasser, das Wasser und die technische Entwicklung usw. vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus gesehen zu schreiben und so das Gewissen und die Menschlichkeit beiseite zu lassen. Denn in meinem Leben bin ich zu dem Schluss gekommen, dass wir so handeln, wie wir denken und fühlen, und dass wir das werden und uns in das verwandeln, worauf wir vorzugsweise unsere Aufmerksamkeit lenken.
Wasser ist, wie auch Luft, Feuer und Erde, ein Element. Und diese Elemente sind Funktionen des Ökosystems, wie auch wir selbst aufgrund unseres Körpers Funktionen dieses Systems sind. Unser Körper aber ist die Basis jeder möglichen menschlichen und sozialen Wirtschaft. Was wir Wasser nennen, ist ein Zustand von etwas, das sich durch Einwirkung der Veränderungen eines anderen Etwas, das wir Feuer nennen, in eine Flüssigkeit, einen Festkörper oder in einen gasförmigen Zustand verwandelt.
Und in Verbindung mit einem bestimmten Grad an Feuchtigkeitskonzentration wird es zu etwas Anderem, das wir Wolken nennen, und das eine elektromagnetische Ladung aufnimmt, die sich dann mit Donner und Blitz entlädt, also eine qualitative Änderung des Elementes Feuer, nämlich Licht und Hitze. Dann beginnt der Zyklus wieder als Wassertropfen, als Regen, der nun mit Elektrizität und Magnetismus, mit Vitalität aufgeladen ist. Unsere Vorfahren sagten, der Regen sei die Liebe des Himmelvaters zur Mutter Erde.
Dieser zyklische Prozess, den wir beschreiben, läuft gleichzeitig mit tausend, Millionen, ja Milliarden anderen strukturellen zyklischen Prozessen ab, dank deren Zusammenwirken das Leben, wie wir es kennen und erfahren, überhaupt existiert. Wir brauchen, um das zu erkennen, nur unseren Körper zu beobachten und fühlen, denn all das passiert nicht irgendwo da draußen, sondern unser Körper führt uns zur Interpretation der Informationen, die wir über unsere Augen und unsere äußeren Sinne aufnehmen.
Ich habe zum Beispiel das Jahr damit begonnen, Dünger, Kuhmist für den Blumen- und den Gemüsegarten zu sammeln. Ich weiß nicht, ob Sie manchmal daran gedacht haben, dass das, was ein Naturreich als nutzlosen Abfall, der für seinen Organismus nicht mehr verwertbar ist, auswirft, eine lebensnotwendige und unerlässliche Nahrung für andere ist. Eben so wenig werden Sie daran gedacht haben, dass das Pflanzenreich diese Abfälle verarbeitet und in seine eigene Form, seinen eigenen Körper, in Pflanzenteile, Früchte usw. umwandelt.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie ein zarter Trieb sich in einen Rammbock verwandeln kann, um sich den Weg durch die oft hart gewordene Erde zu bahnen, den Weg an die Luft und an die Sonne, um sich dann als dünnes, weiches Blatt zu entfalten? Es scheint also, dass man die Festigkeit oder Biegsamkeit, die Zartheit und Schmiegsamkeit nur bei den Formen sehen kann, die je nach den Funktionen, die zu erfüllen sind und nach den Widerständen, die es zu besiegen gilt, die Beweglichkeit eines Prozesses annehmen. Und das auf der Suche nach den verschiedenen Funktionen und Elementen, mit den sie interagieren muss, um wachsen und sich entfalten zu können.
Der Prozess wird abgeschlossen, wenn dann sowohl Tiere als auch Menschen durch diese exquisiten Geschmäcker und zarten Düfte in Versuchung geführt werden, welche die kulinarischen Freuden und die Feinschmecker hervorbringen. Und das geschieht in den Restaurants ebenso wie am häuslichen Tisch, rund um den wir eines unser wichtigsten althergebrachten Rituale ausführen, nämlich das der Gastlichkeit und der Solidarität. Das Teilen von Brot und Wein, welche die Frucht unserer Arbeit und unseres Schweißes sind.
Gerade in diesem althergebrachten Ritual des Teilens von Brot und Wein, die aus unserer Arbeit und unseren Kenntnissen erwachsen sind, wird ein anderes unserer atavistischen Rituale erfüllt. Der Zyklus von Aussaat, Kultivierung und Ernte von Samen und Früchten, der uns erlaubt hat, uns von Nomaden zu Sesshaften zu entwickeln und den Schwerpunkt zu errichten, der eines Tages dann zu den großen Städten werden sollte.
Und wenn man arbeitet und dabei Energie verbraucht, muss man ebenso diesen Zyklus ausgleichen mit etwas anderem, nämlich mit Ruhe und einem Wiederauftanken von Energie. So wie die verschiedenen Klimazonen die Sonneneinstrahlung, die Stunden des Lichtes regulieren, die alle vegetativen Funktionen einschließlich des Sexuallebens zur Reproduktion der Arten und indirekt auch die höheren psychologischen Funktionen steuern.
Ebenso muss man, wenn man isst, die Nahrungsmittel verarbeiten und assimilieren und das entsorgen, was nicht assimiliert werden kann, denn, wenn es nicht entleert und eliminiert wird, wird es giftig und unverdaulich. Damit setzt man die natürliche Wiederverwertung wieder in Gang, die Grundlage der existentiellen Ökonomie, des Ökosystems. Daraus folgt die Erkenntnis, die man nur bestätigen kann, dass nichts verloren geht, sondern alles umgewandelt wird.
Wenn der Organismus diese Funktionen nicht richtig erfüllt, gerät er aus dem Gleichgewicht und wird krank, er wird für den strukturellen Austauschvorgang ungeeignet. Was soll nun dieser intellektuelle Exkurs? Er dient meiner Sichtweise, dass wir uns den Prinzipien annähern sollen, welche das Leben möglich machen. Wir sollen uns einer Revolution des Grundzyklus der existentiellen Ökonomie annähern.
Wir haben viele intellektuelle Annäherungen an diese Möglichkeit versucht, vor allem wirtschaftliche, aber bis jetzt hat irgendetwas dabei gefehlt. Es gab einige nicht erkannte, nicht vorhergesehene Variablen, welche diese Versuche in die Irre geleitet und zum Scheitern verurteilt haben.
Diese Variablen waren jedoch für unsere Sinne schon immer erfahrbar, so wie es die Schwerkraft oder der Elektromagnetismus gewesen war. Denn sie sind die gleiche Grundlage für unsere Existenz und dafür, dass wir am Leben sind, oder etwa nicht?
Wenn wir von den exquisiten kulinarischen Speisen kosten, welche unsere Sinnesfreuden ausmachen, erfahren und erkennen wir unsere Ausscheidungen nicht. Ebenso wie wir eine Picatta milanesa oder einen Apfel in unserem Körper nicht erkennen. Mit anderen Worten, wir erkennen nicht, dass das Gleiche, das außen ist, auch das ist, was innen ist. Das ist so im Pflanzen- und Tierreich ebenso wie beim Menschen.
Und alles wird umgewandelt, nichts geht verloren. Was man in sich hat, ist das Gleiche wie das, was es draußen gibt, und alles unterliegt verschiedenen Umwandlungsprozessen, die mit verschiedener Geschwindigkeit ablaufen. Das, was wir Materie nennen, ist im Grund nicht wesentlich verschieden von dem, was wir Energie nennen, wenn man von der Art der Informationen absieht, die uns unsere spezialisierten Sinne vermitteln. (Wären sie grundlegend verschieden, könnten sie sich nicht vom einen in das andere verwandeln und endlos wieder verwertet werden.)
Wohin führen also die so übertrieben hervorgehobenen und aufrecht erhaltenen, unverrückbaren und unvereinbaren Unterschiede, die als Grundlage der organisierenden Kenntnis unserer Persönlichkeit und Identität und als Kennzeichen jedes historischen sozialen Modells und Prozesses aufgestellt wurden?
Wenn es im existentiellen Prozess keine Prinzipien oder Grenzen außer einer ständigen oder zyklischen Umwandlung gibt, worauf basieren dann all die Trennungen, die wir erkannt, konzipiert und aufgestellt haben? Was nährt dann die Ansprüche, in der Zeit auf ein Ziel hin fortzuschreiten, wenn sich der ganze Prozess ohne Anfang und ohne Ende um sich selbst dreht? Wie kommt es, dass wir so obsessiv und übertrieben, ja unverhältnismäßig, diese Unterschiede betonen und auf ihnen alle unsere Kenntnisse aufbauen, wenn doch die gesamte Existenz eine Struktur aus einander ergänzenden Funktionen ist und es, wenn es nicht so wäre, gar keine Existenz gäbe?
Die Folge der Zerstückelung der Einheit der Existenz ist, dass wir von der Angst gefangen und vom Drang erfüllt leben, die illusorische Versöhnung der aufeinander prallenden Extreme zu suchen. Wie aber sollen wir die unmögliche und illusorische Aufgabe bewältigen, zu versöhnen und zu vereinen, was nie getrennt gewesen ist, außer in unserer Art und Weise, die Beziehungen zwischen Mensch und Natur, zwischen dem Intellektuellen und dem Vegetativen, dem Willentlichen und dem vom Sympathicus gesteuerten, dem Spirituellen und dem Materiellen, dem Männlichen und dem Weiblichen zu begreifen und uns in einem zeitlichen Werden ablaufend vorzustellen?
Ich beende diesen Exkurs, von dem ich hoffe, dass Sie ihn genossen haben, indem ich Ihnen erzähle, dass es bei jedem Prozess, wie etwa zum Beispiel bei der Umwandlung von Lehm in einen gebrannten Ziegel, in Keramik, oder Porzellan, einen Halbton gibt, einen kritischen Punkt, an dem wir genau das richtige Maß und die richtige Intensität von Feuer, Wasser und Luft anwenden müssen.
Tun wir das nicht, kehrt sich der Prozess um, scheitert, und missglückt. Die Kunst des Töpfers, wie auch die des Kochs oder irgend eines anderen ist die Kenntnis und die Fähigkeit, sich die Variablen eines solchen Prozesses einzuverleiben und willentlich zu reproduzieren und sie an nachkommende Generationen weiter zu geben.
Ebenso können sich unsere gesellschaftliche Geschichte, unsere Wirtschaft, unsere Kulturen und Religionen, die doch nur Arten sind, zu experimentieren und unsere Umwelt zu erkennen, als ein Ganzes mit ihrem Ökosystem revolutionieren. Sie können sich aber auch umkehren und in Gewalt, Leid, Krieg, Elend und Verwüstung scheitern. Auf dieser Suche und bei diesem zyklischen Verständnis befinden wir uns direkt am Prinzip der Zeiten selbst, wie Zauberlehrlinge oder Alchimisten, die wir sind.
Wussten Sie, dass der Kaktus der effizienteste Organismus ist, der die winzigste Feuchtigkeit, die sich in der trockenen Wüste findet, verwerten kann? Mit dieser Feuchtigkeit baut er sein Fleisch und seine Haut, seinen Körper auf. Dank dieser Feuchtigkeit überlebt er, ohne auszutrocknen, weit über den Zerfall von Tieren und Menschen hinaus.
Was wird mit dem Wasser geschehen? Was wird geschehen, wenn die Erosion der Böden weiter geht, was wird mit dem Wasser geschehen, das verdampft, mit den Seebeben und Tsunamis, die häufiger und stärker werden? Was würde geschehen, wenn das mit 60 oder 70 % der Feuchtigkeit in unserem Körper geschehen würde? Aus meiner Sicht hängt alles davon ab, ob sich die bereits praktisch nicht mehr vorhandene Feuchtigkeit und Zartheit erhöht oder verringert und zur Wüste wird, in die wir das Leben verwandelt haben.
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